Fazit: Meine erste Saison im Eiswasserschwimmen 2018/2019; und endlich die Königsdisziplin:1000 m
- thorsten-ullrich
- 3. Feb. 2019
- 5 Min. Lesezeit
Endlich! Endlich habe ich die 1000 m im Eiswasser schwimmend geschafft! Das Ziel, bzw. das Saisonziel, bzw. das Erste Eiswasserschwimmziel überhaupt jetzt geschafft zu haben, lässt mich vor lauter Stolz platzen!?
Doch Alles der Reihe nach.
Wie zuvor schon erwähnt, bin ich eher über sporadische Abhärtungssprünge ins kalte Wasser (im Winter) an das Eiswasserschwimmen heran gekommen. Das mehr und mehr Freiwasserschwimmer in der Eiswasserschwimmszene landen, hatte ich auch schon beobachtet und weitreichend erzählt.
Eigentlich wollte ich zu Beginn meiner Eiswasserschwimmkarriere „nur“ 50-er, 100-er und maximal 200-er Strecken im Eiswasser bei Veranstaltungen/Meisterschaften schwimmen, weil ich der Meinung war, nicht länger als 3 min im Eis zu überleben.
Im Laufe der Wintersaison hatte sich das geändert.
Das leidige Training und Geschinder sollte auch irgendeinen Sinn haben. Des Weiteren war das Kennenlernen Gleichgesinnter ein positiver Nebeneffekt.
Schon im Dezember 2018 rückte ich von dem o.g. Ziel ab. Bei den 1-sten Norddeutschen Freiwassermeisterschaften in Hannover/Langenhagen startete ich über die 500 m Freistil – neben den 200 m Freistil.
Diese Veranstaltung, die dortigen Teilnehmer und die Veranstalter/Organisatoren haben mir so gut gefallen, dass ich beschloss Anfang Januar 2019 in Veitsbronn bei den German Open u.a. über die 1000 m zu gehen.
Leider wurde daraus nix, weil ich durch die Grippe Schach-Matt gesetzt wurde.
Aber ich wollte verdammt nochmal die 1000 m Freistil im Eis in meiner Vita stehen haben!
Da gab es für mich in dieser Eisschwimmsaison nur noch zwei Möglichkeiten: Zwei Ice-Swim-Veranstaltungen in Holland.
Ich entschied mich für die erstmalige Ausführung des Bodegraven-Ice-Swim in der Nähe von Gouda in den Niederlanden am 02.02.2019.
Wie sich dann heraus stellte, war das für mich die beste Entscheidung. Ich habe mich volle Kanne in diese Veranstaltung „verknallt“!!
Im Laufe der vergangenen Saison konnte ich viele Gleichgesinnte finden und die entsprechenden „Kontakte“ herstellen. Glücklicherweise leben wir in den multimedialen modernen Zeiten, sodass viele „Kontakte“ entstanden, aus denen ich Wissen, Rat, Informationen und sogenannte „Soft-Skills“ schöpfen konnte; und solch ein “Kontakt“ sollte mir noch für Bodegraven zum Vorteil gelangen. Dazu komme ich gleich noch.
Die Anmeldung über meine 1000 m Freistil ging ausschließlich via Internet von statten. Ich glaube nicht, dass es noch große Sportevents gibt, bei denen man sich über ein papierenes Bewerbungsformular und/oder Startkarten anmelden muss.
Das Bodegraven-Ice-Swim wurde das erste Mal angeboten und war eine Tagesveranstaltung, bei der neben den 1000 m auch 100 m Freistil, 200 m Freistil, 50 m Freistil und 500 m Freistil angeboten wurde (bei der auch Brust geschwommen wurde). Eigentlich stand es jeden Teilnehmer frei die Stilart zu wählen. Nur bei 1000 m Freistil drohte der Schiri mit der Cut-of-Time von 30 min, falls sich jemand für Brust entscheiden sollte. Was aber niemand machte. Die Cut-of-Time riss auch niemand der Schwimmer/innen.
Worauf der Veranstalter pingelig achtete, und was sich durch die gesamte Veranstaltung zog, waren die Sicherheit und die Wettkampfregularien!
Jeder 1000 m Schwimmer musste einen „Buddy“ mitbringen – oder auch „Second“ genannt. Dieses wurde immer wieder per email und via FB angekündigt: „No Buddy is no go!“
Der Job des „Second“ ist es, während des 1000 m-Schwimmens auf den Schwimmer im Wasser zu achten, Unregelmäßigkeiten oder Ausfälle (Kollaps, sich ändernde Arm- bzw. Körperhaltungen usw.) dem Schiri zu melden, und den Teilnehmer vor und nach dem Schwimmen zu umsorgen und zu betreuen.
Der „Second“ hatte in Bodegraven zusammen mit dem Schwimmer bei der Anmeldung und bei der Wettkampfbesprechung zu erscheinen, und ein entsprechendes Versicherungsformular war auszufüllen.
Diese harte Linie hatte ich sofort bei der Registrierung erfahren. Mein „Buddy“ war bei meiner Anmeldung noch nicht da. Solange er nicht da war, wurde ich auf der Meldeliste nicht abgehakt und bekam weder die Startnummer noch die Begrüßungsgeschenke (u.a. wieder eine Aqua Sphere Brille ). Bei der „Instruction“ wurde per Handzeichen nach dem Schwimmer und dem Second gefragt usw.
Am Freitag vor dem Wettkampftag bin ich alleine nach Holland gefahren. Somit musste ich mir einen „Buddy“ besorgen.
Ungefähr 50 Gesamtteilnehmer waren für alle Disziplin gemeldet. Die Meisten waren naturgemäß Niederländer. Nur fünf Deutsche konnte ich in den Listen ausmachen. Einen Namen pickte ich schnell heraus, weil ich diese Person „kannte“.
Via den o.g. modernen Medien machte ich mit Tobias Prüssner aus NRW klar, dass er mein „Buddy“ ist. Das zeigte gleichzeitig die Moral und die Kameradschaft in der Eiswasserschwimmszene, die ich so liebe.
Tobias erschien exakt 5 min. vor der “Instruction“ und machte seinen Job hervorragend. An den Gedanken einer „Anziehdame“ könnte ich mich gewöhnen, höhö!
Insgesamt 10 Schwimmer wollten über die 1000 m gehen. Ich war der einzige Deutsche.
Frauen und Männer sollten gemeinsam in den Läufen starten. Es wurden drei Läufe gebildet, wobei der letzte „schnellste“ Lauf mit vier Startern/innen losging. Natürlich mit den jungen wilden Holländern Sven und Alex.
Die Schwimmstrecke war in einem Badesee, der hauptsächlich im Sommer von Surfern und Triathleten genutzt wird. Ein zweistöckiges Gebäude mit oben liegendem Restaurant war das Eventgebäude und die Stätte an der alles ablief. Die Registrierung lief über zwei „Desks“: Die oben besagte Anmeldung und die „medizinische Befragung“ durch eine Ärztin.
Alle Unterlagen, wie gewünscht nach den Vorgaben der IISA, wurden besprochen und durch die „typisch“ relaxte nette holländische Art abgearbeitet.
Ich als (zuerst) alleinige Deutscher wurde besonders nett betreut. Ich kam mir wie ein Exot vor. Damit musste ich erst einmal klarkommen. Im positiven Sinne.
Die o.g. Regeln und Sicherheitsstandards waren bombastisch. Im Grunde war Tobias der zweite Second, denn jeder Teilnehmer (auch bei den Kurzstrecken) hatte einen Sanitäter des holländischen Roten Kreuzes an seiner Seite. Dieser begleitete den Schwimmer nach dem Schwimmen in das Aufwärmzelt oder sorgte für eventuelle medizinische Untersuchungen oder für die Fürsorge.
Ich selbst hatte nach meinen 1000 m zwei Damen an meinen Händen, die mir sogar Rückenwärmemassagen, die eigenen Damenhandschuhe und haufenweise Decken angedeihen ließen bzw. mich damit einwickelten. Da kam ich auch nicht mehr aus dieser Nummer raus!! Die beiden Samariterinnen ließen mich erst gehen, als ich senkrecht stehen konnte und einen klaren Satz (auf englisch) sprechen konnte. Echt süß!!??
Wie war mein 1000 m Schwimmen? Schnell vorbei und überhaupt nicht schlimm! Ich hatte ja auch ausreichend trainiert.
Die Strecke war ein Hin-und-Her-Kurs an einer mit Bojen bewehrten 50-m-Leine, die dann zehnmal umschwommen werden musste. Die Leine wurde ufernah gespannt, und man hätte stehen können, wenn Schwierigkeiten aufgetreten wären.
Von einem kleinen Steg erschall der Startpfiff und mit einer weiteren Schwimmerin und einem weiteren Schwimmer startete ich im Lauf 2. Die Wassertemperatur betrug 3,5 °C, „draußen“ war es ca. 3°C warm. Es gab leichten Nieselregen und es war grau und wenig Wind. Richtig norddeutsches „Schietwedda“.
Die ersten 100 m dienten der Gewöhnung an die Wassereigenschaften, die weiteren 500 m spulte ich ab, und bei den letzten 200 m merkte ich, dass es was anderes war als im warmen Beckenwasser zu schwimmen. Nach exakt 17 min war es vorbei. Ich war klar, hatte keine Aussetzer und konnte selbstständig ins Zelt gehen und mich anziehen; wobei mich Tobias ab und zu mal stützen musste.
Danach kamen die barmherzigen Samariterinnen......
Das Zittern und Klappern war natürlich heftig, doch auch das war ich durch ausreichendes Training gewohnt. Für mich kommt es darauf an irgendwo warm angezogen und im Warmen zu sitzen und meinen heißen Tee zu trinken. Den Rest besorgt die Zeit; die mal mehr und mal weniger ist.
Ich war, und bin es immer noch, stolz, froh und fühlte/fühle mich großartig!! Ich war und bin froh die 1000 m geschafft zu haben. Ich bin und war froh Bodegraven als den Schwimmort gewählt zu haben. Ich bin und war froh mein Training richtig gemacht zu haben. Ich hasse und liebe das Eiswasserschwimmen!!
Bodegraven kann ich in allen Belangen als Eisschwimmwettkampfort empfehlen. Es war eine nette, heimelige, rührige und professionelle Eisschwimmveranstaltung. Fahrt ohne Sorge und Vorbehalte dort hin.
Ich war dort sicherlich nicht zum letzten Mal. Wir sehen uns in der nächsten Eiswasserschwimmsaison 2019/2020. Ich bin dann wieder dabei. Auch in Bodegraven.
Mein Name ist Ulli Stägemann und ich bin Ultraschwimmer.
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